Sonntag, 29. August 2010

TDS 2010 - Was für ein Frust

Was nach dem Marathon des Sables der zweite Höhepunkt des Laufjahres werden sollte endete in einer 3-tägigen Frustreise.
Doch der Reihe nach.
Nach meiner etwa 6 wöchigen Faulenzerei im Juni/Juli hatte ich mich im Urlaub in Kärnten im wunderschönen Hotel Feuerberg auf der Gerlitzen Alp und mit dem Doppelmarathon beim Gondoevent doch noch recht gut vorbereitet. Die Formkurve ging jedenfalls eindeutig nach oben.
Donnerstag früh machten wir, Antje und ich, uns daher frohen Mutes auf nach Chamonix. Glücklicherweise war ich nicht allein unterwegs, denn ich war doch sehr müde von der Arbeitswoche. Antje fuhr, ich schlief, eine perfekte Aufgabenteilung. Am frühen Nachmittag kamen wir in unserem netten, kleinen Hotel in Argentiere bei Chamonix an. Schönes Zimmer mit Blick auf den Gletscher, strahlender Sonnenschein, blauer Himmel, alles bestens.
Wir fuhren schnell noch nach Chamonix rein, um die Startunterlagen abzuholen und dadurch den Freitag frei zum Ausruhen zu haben.
Die Ausgabe der Startunterlagen klappte sehr gut, wenn auch mit ordentlicher Wartezeit. Aber alles war sehr straff durchorganisiert, an jedem Stand war jemand für eine bestimmte Handlung eingeteilt, so das man recht gut durch das Prozedere geschleust wurde: 20 € bezahlen für Leihchips - unterschreiben, dass man die Pflichtausrüstung mitnimmt - Laufrucksack markieren - Startnummer - Chip ans Handgelenk - Gutschein für T-Shirt - Ticket für den Bus - und raus.
Bei der Startnummernausgabe hatte ich wieder das Gefühl, dass mich schon in den Monaten vorher öfters beschlichen hatte: Auch wenn der TDS mit seinen 111 km und 7000 hm ein durchaus respektabler Lauf ist, taugt es einfach nichts, bei einer Veranstaltung nicht den Hauptlauf zu machen (vorausgesetzt man traut ihn sich sportlich zu). Ich kam mir schon etwas diskriminiert vor, als ich das blaue statt dem gelben Armband bekam und mit meiner grossen weißblauen Plastiktüte da raus marschierte. Da möchte man den anderen zurufen: "Ja, schaut mich nicht so an, ich laufe den TDS nur, weil ich nicht für den UTMB gelost wurde und ich könnte euch mit Quali-Punkten zuschmeißen:" Aber wahrscheinlich habe ich mir das nur eingebildet und mich hat gar keiner angeschaut.
Danach gingen Antje und ich noch über die Läufermesse. Dort gab es alles, was das Trailläuferherz begehrt. Rucksäcke, superleichte Wanderstöcke, Kompressionskleidung, Trailschuhe...Und dort gab es auch das Läufergeschenk, ein Funktionsshirt von The North-Face. Auf den ersten Blick ein wunderschönes Teil, bis ich es herum gedreht habe. Auf der Rückseite war nämlich das Profil des UTMB abgebildet. Ich bin also nochmal zurück: "Excuse me, I run the TDS not the UTMB." "No, ids se sem shirt for all runners." Na toll. Ihr Franzosen. Erst lasst ihr mich nicht bei den Grossen mitlaufen und dann demütigt ihr mich noch mit dem T-Shirt. Also, wer Interesse hat, demnächst mal bei ebay schauen.
Wir haben dann noch ein paar Kleinigkeiten eingekauft und sind dann, nach einer Pizza, zurück ins Hotel um rechtzeitig schlafen zu gehen.
Nachts ging es los. Ich dachte erst, da führen jede Menge LKW an unseren Hotel vorbei bis ich merkte, daß das Regen war. Am Morgen dann die bittere Wahrheit: Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet, vom blauen Himmel nichts mehr zu sehen. Es goss wie aus Kübeln, so heftig, wie ich es lange nicht mehr gesehen hatte. Gegen 11:00 machte der Regen eine kurze Pause, die wir zum Einkaufen nutzten. Immer wieder mussten wir sorgenvoll an Tom und die anderen PTL Läufer denken, die jetzt irgendwo auf 2500 bis 3000 m unterwegs waren (Wie ich eben telefonisch erfahren habe, saß Tom zu diesem Zeitpunkt schon im Bus zurück nach Chamonix. Er hatte in der Nacht von Donnerstag auf Freitag Vernunft walten lassen und aufgrund der extremen Bedingungen das Rennen beendet. Aber er ist schon wieder guter Dinge und plant für nächstes Jahr :-) ).
Um 13:00, nach einem ordentlichen Mittagessen, habe ich mich dann nochmal schlafen gelegt, draußen hatte der heftige Regen wieder eingesetzt. Wir redeten uns die Situation immer wieder schön, sagten, mein Lauf startet ja erst um 24:00 und bis dahin könne es ja wieder aufhören. Aber wenn man sich in den Bergen ein bisschen auskennt wusste man, daß die Wege diesen Regen nicht so einfach verkraften und das dies ein alles andere als angenehmer Lauf werden würde. Von der Kälte auf den Pässen gar nicht zu reden. Ich stellte also auf Goretex Schuhe um und packte noch Wechselkleidung in den Rucksack. Um 18:30, der UTMB Startzeit hatte wieder heftiger Regen eingesetzt. Aber wir hatten ja noch 4,5 Stunden.

Gegen 20:30 fuhr Antje mich nach Chamonix. Um 21:30 sollte mein Bus abfahren. Am Abfahrtspunkt standen aber schon (oder noch) 4 Busse und davor jede Menge Läufer. Es wurde 21:45 und es tat sich nichts. Keine Information was los war. Dann gingen die ersten Läufer in die Sporthalle und schließlich trotteten alle hinterher. Auch in der Halle wusste erstmal keiner was los war. Dann, gegen 22:15 eine Bekanntgabe auf französisch. Gemurmel bei den Franzosen. Da von meinen 4 Jahren Schulfranzösisch nichts hängen geblieben ist, versuchte ich einen Franzosen zufinden, der englisch spricht. Gar nicht so einfach. Schließlich sagte mir einer: UTMB ist abgebrochen, TDS Start verschoben. Wir machten es uns also so bequem es ging und warteten. Dann kam eine SMS vom Veranstalter, TDS Start auf frühestens 3:00 Uhr verschoben. Erstmal Antje anrufen: "Bitte Handy neben das Kopfkissen legen, vielleicht musst du mich abholen." Wieder versuchte ich zu schlafen, bis wir dann in die grosse Halle gerufen wurden zur allgemeinen Information. Man versuchte die Läufer in 5 Sprachen zu informieren. Französisch, englisch, spanisch, italienisch, deutsch. In der Reihenfolge. Was eigentlich ziemlich lustig war, wenn es nicht so traurig gewesen wäre. Denn während der Franzose etwa 2 Minuten sprach wurde es von Land zu Land immer weniger und der Deutsche sagte immer einen Satz und der war meistens falsch. Zum Beispiel wurde groß erklärt, das man versuchen wollte um 5:00 zu starten, dass man, wenn man um 5:00 starten wolle aber um 2:00 anfangen müsste die Läufer nach Courmayeur zu bringen. Allerdings bräuchte man derzeit die Busse um die UTMB Läufer wieder zurück nach Chamonix zu bringen. Bis 2:00 Uhr würde man Bescheid bekommen, wie und ob es weiter geht und bis dahin solle man in der Halle bleiben. Deutsche Übersetzung: "Mir laufe um 5:00 los und um 2:00 sagen se uns wie es weiter geht." Zum schiessen.
Was wirklich ärgerlich war ist das die Franzosen immer anfingen zu diskutieren, sobald der französiche Teil vorbei war. Rücksichtnahme auf andere Nationen Fehlanzeige. Wie man überhaupt sagen muss, die Kommunikation war wirklich Mangelhaft. Aber man muss den Leuten ja zu Gute halten, daß auf diese Situation wohl keiner vorbereitet war. Und wenn man 5 mal nachgefragt hat, hat man auch irgendwann mitbekommen, was los ist.

Also bis 2:00 sollten wir warten. Wieder Antje angerufen und wieder versucht zu schlafen. Beim Gedanken, erst um 5:00 loszulaufen und dann die ganze 2te Nacht bei den Bedingungen durchzulaufen wurde mir auch nicht gerade besser zu Mute. Dann um ca. 1:00 die Entscheidung (auf französich natürlich): Der TDS ist abgesagt. Zu dem Zeitpunkt war ist fast froh darüber. Zwar auch enttäuscht, aber im grossen und ganzen war es mir egal. Ich wollte nur noch Heim. Also noch mal Antje angerufen: "Bitte hol mich ab". Auf dem Weg aus der Halle kamen mir viele traurige UTMB Läufer entgegen, die gerade mit den Bussen eingetroffen waren. Da wurde mir klar, es hätte schlimmer kommen können.

Gegen zwei Uhr war ich zurück im Hotel und habe mich erstmal über Käse und Baguette hergemacht, das wir Mittags eingekauft haben. Wie Antje so schön sagte: "Das können sie."
Mitten in der Nacht kamen dann noch 2 SMS. Am nächsten Tag um 10:00 würde ein Ersatzlauf auf der Strecke des CCC statfinden. Abfahrt der Busse um 6:30. Limitiert auf 1000 Läufer. Nee, danke.

Was wirklich auf den Strecken los war, weiss ich noch nicht. Ich habe mit keinem UTMB-Läufer direkt gesprochen. Einen Bekannten habe ich in der Nacht nicht getroffen und irgendeinen ansprechen wollte ich nicht, denn ich konnte mir denken, wie die Leute sich fühlten. Gerüchteweise hörte man aber von Erdrutschen, die die Strecke unpassierbar gemacht hätten, von kniehohem eiskalten Wasser auf den Bergabpassagen und Schnee auf 2000 m. Und was ich von Tom von der PTL Strecke gehört habe, war auch alles andere als lustig. Ich denke, die Veranstalter haben es sich sicher nicht leicht gemacht mit dieser Entscheidung. Aber die Sicherheit muss nun mal vorgehen und daher war es wohl auch richtig so.

Am nächsten Morgen sind wir direkt nach dem Frühstück aufgebrochen. Ab 10:00 hätten wir noch die 20 € für die Leihchips wiederbekommen können. Aber nochmal nach Chamonix reinfahren, parken, Shuttlebus, anstellen? Da haben wir doch lieber auf das Geld verzichtet.
Die Rückfahrt verlief ganz gut, auf dem Heimweg noch zwei schöne Steaks für das Abendessen gekauft und als wir gerade zu Hause ankamen, fiel das 4:3 für Mainz in Wolfsburg. Na, wenn das kein gutes Wochenende war.